Das Neujahrskonzert des Orchesters Emmen hat am Samstag ein grosses Publikum angezogen. Tierlaute und ein Bravourstück entzückten.
Beim Neujahrskonzert des Orchesters Emmen am Samstag im Saal Gersag gab es viele tierische Klänge – darunter auch solche, die man eigentlich lieber nicht hören möchte. So zum Beispiel den Schlusston aus dem Stück «Das trunkene Mücklein» von Max Schönherr: Der Konzertmeister des Orchesters erzeugte dabei auf seiner Geige ein «Zzz»-Geräusch, das dem Anfluggeräusch einer Mücke bestechend ähnlich war.
Harmlose Wespen
Dagegen können die Wespen 2016 kommen. Zumindest wenn sie so freundlich klingen wie in der «Wespen»-Ouvertüre von Ralph Vaughan Williams, die zum Auftakt dieses «tierischen» Konzerts gespielt wurde. Es war bestimmt nicht ein Wespenstich, der Williams zu dieser Komposition veranlasste, sondern das Bild eines über englische Landschaften ziehenden Insektenschwarms – schön, aber harmlos. Der orchestrale Funke sprang in Benjamin Godards «Les elephants» aus der «Suite orientale» op. 84 über. In dem Stück rückte das Orchester als klangliche Karawane heran, dehnte die Noten genüsslich aus, stieg in chromatischen Schritten Dünen auf- und abwärts und verschwand bald wieder als flimmernde Linie am Wüstenhorizont.
Historische Aufführungspraxis
Die tänzerische Energie, mit der das Laienorchester Akzente setzte und das Tempo immer wieder anzog und verlangsamte, war bemerkenswert. Das Spiel trug klar die Handschrift des Dirigenten Dieter Lange, der mit historischer Aufführungspraxis vertraut ist. Auch in der «Libellen»-Polka von Josef Strauss, der «Spatzenparade» Otto Rathkes oder dem «Glühwürmchen-Idyll» Paul Linckes hielt er die Zügel fest in der Hand und verströmte mit dem Orchester zugleich «tierische» Ausgelassenheit. Heikel wurde es erst gegen Ende des Konzerts in Edward Elgars «Enigma Variation» Nr. 9 «Nimrod», als die Streicher nicht mehr rein intonierten.
Der «Pavarotti» unter den Hornisten
Das Neujahrskonzert ist aus dem Kulturkalender von Emmen nicht mehr wegzudenken, wie der grosse Publikumsaufmarsch zeigte. Den unverwechselbaren Charme des Anlasses bewies das Orchester nicht bloss mit lüpfigen Polkas und witzigen Tierlauten, sondern auch in Robert Schumanns Konzertstück für 4 Hörner und Orchester op. 86 – ein für Laienorchester eigentlich viel zu schweres Stück. Als Solisten wurden vier Hornistinnen und Hornisten der Philharmonia Zürich (ehemals Orchester der Oper Zürich) eingeladen. Quasi als Pavarotti unter den Hornisten trat Tomas Gallart hervor; allein sein Klang füllte den Saal aus. Hanna Rasche, die für den erkrankten Laszlo Szlavik eingesprungen war, Lionel Pointet und Andrea Siri sorgten mit ihrem Hornklang unter anderem für starke Echo-Effekte. Die Leistung des Quartetts war eindrücklich. Die eigentliche Überraschung bot aber das Orchester, weil es nicht bloss sicher begleitete, sondern auch in dem schweren Stück mit Akzenten und schnellen Wechseln glänzte. Bis auf den zweiten Satz, wo Ungenauigkeiten das Zusammenspiel störten, hielt das Laienorchester bravourös mit den Opernprofis aus Zürich mit.
Simon Bordier
Neue Luzerner Zeitung vom 11.01.2016 – Seite 13